Ergänzung 2.17: Das Mikrowellenradiometer (1/2)

Das Messprinzip

Das Mikrowellenradiometer (MWR) ist ein passives Instrument, mit dem die von einem Objekt emittierte oder reflektierte Strahlung im Wellen- längenbereich der Mikrowellen bei Frequenzen von etwa 1 bis 1000 GHz gemessen wird. Dies entspricht Wellenlängen von etwa 0,5 cm bis 0,5 m, siehe Kapitel 1 der Lerneinheit Spektren der Erde. Mikrowellenradiometer werden üblicherweise als Scanner ausgelegt, sodass Bilder vom Boden gewonnen werden koennen; man bezeichnet sie dann als MWR-Scanner.

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Prinzip des Mikrowellenradiometers
Geometrie des scannenden Mikrowellenradiometers.

Flugzeuggetragene Mikrowellenradiometer werden an der Unterseite des Flugzeugs eingebaut. Die parabolische Scan-Antenne wird von einer (hier nicht zu sehenden) Haube geschützt und hat freie Sicht in Richtung Nadir. Der motorbetriebene Scan-Mechanismus erzeugt eine sinusförmigen Abtastlinie am Boden. Die von der Antenne empfangene Strahlung wird über das Horn zum Empfänger geleitet und dort verstärkt und elektronisch gefiltert, um das gewünschte Frequenzband aus dem Gesamtsignal heraus zu isolieren.

Wie im Abschnitt über das Radar bereits beschrieben, ist die Erdatmosphäre im Bereich der Mikrowellen recht gut transparent. Bei einer Ausrichtung zur Wasseroberfläche empfängt ein MWR die natürliche Thermalstrahlung (oder: Plancksche Wärmestrahlung) des Meerwassers oder von Substanzen, die sich an der Wasseroberfläche befinden, sowie am Tage einen Teil der von der Sonne herrührenden und an der Wasseroberfläche reflektierten Mikrowellenstrahlung.

Das physikalische Messprinzip entspricht weitgehend demjenigen der Messung thermischer Infrarotstrahlung mit dem IR-Scanner, mit dem die Strahlungstemperatur im infraroten Spektralbereich registriert wird. Der MWR-Scanner misst die Strahlungstemperatur im Mikrowellenbereich bei Wellenlängen, die einen Faktor 100 bis 1000 höher sind. Die sehr unterschiedlichen Spektralbereiche erfordern allerdings spezifische Messverfahren für die Detektion und weitere Verarbeitung der Signale (was in dieser Lerneinheit im Detail nicht dargestellt werden kann).



Für IR- und MWR-Scanner haben die Umgebungsbedingungen ebenfalls unterschiedliche Bedeutung. Beispielsweise ‘sieht’ ein IR-Scanner die Meeresoberfläche nicht, wenn Wolken zwischen dem Instrument und der Wasseroberfläche vorhanden sind, da Infrarotstrahlung von den Wassertröpfchen der Wolken absorbiert werden. Die mit dem MWR gemessene thermische Ausstrahlung des Meerwassers hängt von Temperatur und Salzgehalt ab, während das Signal des IR-Scanners von der Temperatur und nicht vom Salzgehalt abhängt.

Im Mikrowellenbereich ist Meerwasser kein idealer Schwarzer Körper. Die Intensität der ausgesandten Strahlung ist geringer als diejenige, die man aus dem Planckschen Strahlungsgesetz erwarten würde. Daher gehört Meerwasser zu den sogenannten Grauen Strahlern. Untersucht man die Strahlung von Meerwasser bei Raumtemperatur (20°C oder 293 Kelvin) und setzt die Intensität in das Plancksche Strahlungsgesetz ein, so berechnet man eine scheinbare Temperatur von etwa 90 Kelvin oder −183°C! Dies bezeichnet man als Strahlungstemperatur des Meerwassers, sie ist als Ergebnis des zu geringen Emissionsvermögens des Meerwassers sehr viel kleiner als die wahre Temperatur, die man mit einem Thermometer misst.

Temperaturstrahlung


Öle sind noch schlechtere Schwarze Körper: sie sind bei Mikrowellen- frequenzen fast durchsichtig! Daher ist die Temperaturstrahlung von Öl an der Meeresoberfläche vernachlässigbar gering. Die vom darunter vorhandenen Meerwasser ausgesandte Strahlung wird durch das Öl transmittiert, aber auch an der Grenzfläche Öl-Luft teilweise reflektiert. Dies erzeugt einen Effekt, den wir auch von etwa 1 μm dünnen Ölfilmen auf dem Wasser bei Sonnenlicht kennen: es treten wegen der konstruktiven und destruktiven Überlagerung der Lichtwellen farbige Interferenzstreifen auf!

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Interferenzfarben
Interferenzfarben an Schaumblasen am Strand. Der Schaum bildet sich infolge kleiner Algen, die durch die Wellen am Strand zerbrechen, was zu organuischen Filmen führt.
Quelle: Wikimedia Commons.

Filme im Bereich von Mikrometern Dicke erzeugen Interferenzmuster bei Beleuchtung mit Sonnenlicht mit einer Wellenlänge von etwa 0,5 μm. Der gleiche Effekt ist bei sehr viel dickeren Ölschichten im Millimeter- bis Zentimeterbereich bei Beleuchtung mit Mikrowellen zu erwarten, wenn die Filmdicke wiederum etwa gleich groß wie die Wellenlänge ist. Dies macht es möglich, Öl auf der Wasseroberfläche zu detektieren!