2. Verstädterung

Europa

Europa

Dreiviertel der europäischen Bevölkerung lebt in Städten. Dieser Anteil ist zusammen mit Nordamerika der höchste weltweit. Der Prozess der Verstädterung hat hierbei beinahe die Obergrenze erreicht, die für eine nationale Wirtschaft tragbar ist (Renwick, Rubenstein 1995).

Europas schnelle Urbanisierung war Ausgangspunkt eines Prozesses, der durch die Kolonialisierung und die industrielle Revolution in Bewegung gesetzt wurde. Vor etwa 150 Jahre begann dieser städtische Wachstumsprozess zuerst in England, bevor er sich auf ganz Europa, die USA und Japan ausweitete. 1950 lebten etwa 50% der Bevölkerung Westeuropas in Städten, kein anderer Teil der Welt wies einen derartigen Urbanisierungsgrad auf. Zu dieser Zeit war New York die größte Stadt der Welt, als einzige Stadt mit mehr als 10 Millionen Einwohnern. Es folgten London mit 8 Millionen und Paris mit 6 Millionen Einwohnern (De Blij, Murphy 2003, Gresh 2007).

Ähnlich wie in Nordamerika beeinflussen Veränderungen in der Größe, Zusammensetzung und Alterstruktur der Haushalte den Immobilienmarkt und die Siedlungsstrukturen. Europas jährliches Bevölkerungs-wachstum ist marginal und in den letzten 10 Jahren stetig zurück gegangen. Diese sehr niedrigen Wachstumsraten helfen bei der Erklärung des in vielen Städten festzustellenden Nettoverlustes von Einwohnern. Die durchschnittliche Haushaltgröße liegt bei 3 Personen, wobei mehr als ein Viertel der Haushalte Ein-Personen-Haushalte sind. Dies führt dazu, dass trotz sinkender Einwohnerzahlen, die Zahl der Haushalte in den Städten zugenommen hat (Pacione 2001).

Unterschiedliche Funktionstypen von Städten in Europa

 

Der "Babyboom" der 1940ern und 1950ern Jahren steht in engen Zusammenhang zu starken Suburbanisierungs- und Dezentralisierungsprozessen. Ein weiterer Faktor, der die Stadtstrukturen beeinflusst, ist Altersmigration im Rahmen des gesellschaftlichen Alterungsprozesses. Im Allgemeinen führen diese Prozesse zu Bevölkerungsbewegungen aus den großen Metropolregionen heraus in kleinere städtische Regionen (Pacione 2001).

Die Mehrheit der Bevölkerung Europas lebt heute in diffusen Stadtregionen mit wenigen großen Ballungsgebieten wie London, Moskau oder Paris. Dabei kann eine Dichotomie (Zweiteilung) zwischen wachsenden High-Tech- und Dienstleistungsstädten auf der einen und schrumpfenden Industrie- und Hafenstädten auf der anderen Seite wahrgenommen werden. In Zukunft wird eine Vielzahl von Regionen um Arbeitsplätze, Bevölkerung und Investitionen kämpfen (Gresh 2007, Pacione 2001).

In Europa, einst Ausgangspunkt des weltweiten Urbanisierungs-prozesses, ist der in der Welt festzustellende Wachstumsprozess von Megastädten nicht zu beobachten. Seit 1970 stagnieren die Einwohnerzahlen der Großstädte Europas, Russlands und den USA. Eine Ausnahme bildet Istanbul, das Wirtschaftszentrum und größte Stadt der Türkei. Seit 1950 hat Istanbuls Urbanisierungsrate ein 3%-Wachstum stetig überstiegen, womit es die am schnellsten wachsende Stadt Europas ist (Bronger 2004, Gresh 2007, UN-HABITAT 2001).

Aufgaben: 1. Fassen Sie den Urbanisierungsprozess in Europa zusammen.
2. Erklären sie die Unterschiede im Urbanisierungsprozess zwischen Europa und Nordamerika.

Fallstudie: London