1. Licht und Strahlung

Spektralanalyse

Im vorherigen Abschnitt haben wir gesehen, dass das Auge Photonen mit drei unterschiedlichen Rezeptoren registriert, den S-, L- und M-Zapfen. Die L-Zapfen unterscheiden zum Beispiel Photonen mit Energien, die den Wellenlängen 560 nm (gelb) und 650 nm (rot) entsprechen, gar nicht, sondern registrieren sie in ganz gleicher Weise. Ob es sich um gelbes oder rotes Licht handelt, kann nur durch die gleichzeitige Wahrnehmung der anderen Zapfen entschieden werden: die M-Zapfen registrieren Licht bei 560 nm sehr viel empfindlicher als Licht bei 650 nm, und die S-Zapfen registrieren fast gar nichts. Das Gehirn entscheidet also aus den Zählraten der Zapfen, ob das Licht gelb oder rot ist. Dies ist so mit allen vom Auge gesehenen Farben. Man bezeichnet solche Farben daher als physiologisches Farbspektrum.

Wie kann nun die Intensität des Lichts in Abhängigkeit von der Wellenlänge als kontinuierliche Kurve gemessen werden? Also optische Leistung oder die Photonenzahl, nicht für die drei Rezeptoren im Auge sondern bei jeder Wellenlänge des Lichts? Wie kann dieses physikalische Farbspektrum bestimmt werden? Solche Spektren zu messen ist Aufgabe der Spektralanalyse oder Spektroskopie. Instrumente, die hierfür genutzt werden, bezeichnet man als Spektrographen oder als Spektrometer.

Strahlung wird von Materie absorbiert und gestreut. Die Absorption und Streuung hängt von den vorliegenden Substanzen und von der Wellenlänge der Strahlung ab. So entstehen beispielsweise die vielfältigen Farben, die uns in der Natur begegnen und mit Satelliten aus dem Weltraum beobachtet werden. Die Aufnahme physikalischer Spektren erlaubt es, Daten beispielsweise über die Vegetation an Land und im Meer, über Schadstoffe in der Atmosphäre, die Temperatur der Ozeane und die Eisbedeckung der Arktis und viele andere wichtige Eigenschaften der Umwelt zu gewinnen.

Wie kann ein Spektrometer das Licht in seine Farben zerlegen? Es ist offensichtlich, dass es ein optisches Bauteil enthalten muss, welches das Licht - je nachdem, welche Wellenlängen es enthält - unterschiedlich “behandelt”; es beispielsweise in unterschiedliche Richtungen ablenkt. Hierfür kommen einige physikalische Effekte in Frage: Absorption, Lichtbrechung und Interferenz.

Zoom Sign
STS-124 Karen Nyberg
Ansicht der Farben der Erde durch ein Fenster der Internationalen Raumstation ISS.
Quelle: NASA

Optische Bauteile, die solche Effekte nutzen, bezeichnet man als wellenlängenselektiv. Drei Möglichkeiten, Wellenlängen zu selektieren, werden im Weiteren vorgestellt:

  • Mit optischen Filtern kann man enge Spektralbereiche auswählen, indem Strahlung in diesen Bereichen transmittiert und die außerhalb vorhandene Strahlung absorbiert oder reflektiert wird.
  • Die Lichtgeschwindigkeit in transparenten Materialien (Glas, Wasser, ...) ist von der Wellenlänge abhängig. Dies bezeichnet man als Dispersion des Lichts. Daher ist die Brechzahl solcher Materialien wellenlängenabhängig, was in Prismenspektrometern zur Spektralanalyse genutzt wird.
  • Die Beugung und Interferenz des Lichts ist von der Wellenlänge abhängig. Die Interferenz an optischen Gittern erlaubt es, sehr leistungsfähige Gitterspektrometer für die Spektralanalyse zu nutzen.