Geostrophische Strömungen
Von der Oberflächenneigung zur Strömungsgeschwindigkeit
Bestimmt stellen Sie sich die Frage, wie ein Meeresforscher anhand der gemessenen Oberflächenneigung die Geschwindigkeit einer Strömung berechnen kann. Die grundlegende Prämisse ist, dass bei großen Strömungen, die in einem Gebiet von mehr als 100 km Größe vorliegen, ein Gleichgewicht zwischen zwei Kräften besteht – der Druckgradientkraft (die durch horizontale Unterschiede im Druck zustande kommen) und der Coriolis-Kraft, die Sie bereits aus Kapitel 2 kennen.
Um dies zu verstehen, betrachten Sie die Abbildung unten.
Stellen Sie sich einen Moment lang vor, es gäbe auf der Meeresoberfläche ein ‘Hoch’ und ein ‘Tief’ (mit einem Altimeter kann man sie messen!) und keinen Coriolis-Effekt. Dann würde das Wasser vom Hoch zum Tief fließen, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Mit anderen Worten, es gibt eine Kraft, die das Wasser von einem höheren zu einem tieferen Niveaue treibt – und diese Kraft ist proportional zur Höhendifferenz. Unterschiedliche Höhe erzeugt unterschiedlichen Druck, und so entsteht ein horizontaler Druckgradient.
Aber in der Realität GIBT ES die Coriolis-Kraft, die die Strömung nach rechts (auf der Nordhalbkugel) bzw. nach links (auf der Südhalbkugel) zieht, wie die Abbildung unten zu sehen ist.
Trifft so eine Situation wie oben beschrieben zu, dann herrscht ein geostrophisches Gleichgewicht und die Strömung ist rein geostrophisch. Das Besondere daran ist, dass die Strömung direkt mit der Messung der Oberflächenneigung errechnet werden kann.
Tatsache ist: Die Coriolis-Kraft entspricht der Strömungsgeschwindigkeit v multipliziert mit einem Parameter f - Coriolis-Parameter genannt (der Coriolis-Parameter variiert mit dem Breitengrad: auf 45° beträgt er etwa 10-4 s-1), und der Druckgradient entspricht der Neigung dh/dx (wobei h für die Höhe steht und x für den horizontalen Abstand) multipliziert mit g, der Erdbeschleunigung (9,81 m s-2).
Will man nur das geostrophische Gleichgewicht beschreiben, heißt das
Man kann v berechnen mit
und die Richtung der Strömung steht immer senkrecht auf dem Gefälle, wie auf der Abbildung.
Nicht alle Strömungen sind geostrophisch
Die Annahme, dass ein geostrophisches Gleichweicht herrscht, gilt nur bei großen Strömungen, i.e. bei einem Größenumfang von über 100km. Alle großen Meeresströmungen gelten bei erster Einschätzung als geostropisch. In kleinerem Umfang bekommen die ageostrophischen (nicht-geostrophischen) Komponenten der Strömung mehr Bedeutung, z. Bsp. wenn lokale Winde ins Spiel kommen. In manchen Küstengebieten ist die Zirkulation meistens ageostrophisch. Mit einem Altimeter kann man jedoch die geostrophische Komponente immer noch messen.