2. Temperaturstrahlung

Absorption und Emission:
Das Kirchhoffsche Strahlungsgesetz     (1/4)

Gustav Kirchhoff untersuchte die Zusammenhänge zwischen der Absorption elektromagnetischer Wellen an Materie und der Emission von Wärmestrahlung. Absorption bedeutet die Umwandlung der auffallenden Strahlung in andere Energieformen, insbesondere Wärme, aber auch in chemisch gespeicherte Energie wie zum Beispiel bei der Photosynthese der Pflanzen.

Daneben kann Materie Strahlung reflektieren oder transmittieren (d.h. für Strahlung durchlässig sein). Eine Glasscheibe ist im sichtbaren Licht absorptionsfrei, sie reflektiert aber etwa 10% des auftreffenden Lichts. In anderen Spektralbereichen kann es anders sein: Infrarot bei Wellenlängen jenseits etwa 3,5 μm wird von Glas absorbiert, eine Scheibe ist dann undurchsichtig. Ein schwarzes Tuch absorbiert sichtbares Licht, im nahen Infrarot ab etwa 1 μm reflektiert es aber die Strahlung. Offensichtlich hängen diese Eigenschaften sehr vom betrachteten Spektralbereich ab.

Die Absorption kann man durch den Absorptionsgrad α kennzeichnen. Er gibt an, welcher Bruchteil der auf einen Körper auffallenden Strahlung absorbiert wird:

α= absorbierte Strahlungsleistung einfallende Strahlungsleistung

  • α=1 bedeutet vollständige Absorption, dies ist die Eigenschaft schwarzer Körper
  • α=0 entspricht vollständiger Transmission und/oder Reflexion der Strahlung; solche Objekte nennt man weiße Körper
  • liegt α zwischen 0 und 1, spricht man von grauen Körpern.

In gleicher Weise lässt sich das Emissionsvermögen für Wärmestrahlung durch einen Emissionsgrad ε darstellen.

  • ε=0 bedeutet das Fehlen einer Emission
  • ε=1 bedeutet eine maximal mögliche Emission.
Nun untersuchen wir, welchen Wert die maximale Emission hat.

Gleichgewicht von Absorption und Emission

Wir betrachten zwei Körper in einem Hohlraum. Ein Körper ist schwarz und der andere weiß (Grafik in der rechten Spalte). Der Hohlraum sei von der Umgebung vollständig isoliert. Die beiden Körper nehmen daher aus der Umgebung keine Energie in Form von Wärme oder Strahlung auf und geben auch keine Energie an die Umgebung ab.

Beide Körper emittieren Wärmestrahlung (die Innenwände des Hohlraums sind ebenfalls bedeutsam, dies soll hier aber zunächst nicht weiter betrachtet werden). Der schwarze Körper absorbiert mehr Strahlung als der weiße Körper. Wegen dieses Ungleichgewichts müsste die Temperatur des schwarzen Körpers also steigen, die Temperatur des weißen Körpers fallen: eine vermeintlich ideale Erfindung für den Betrieb eines Kühlschranks und eines Heizkörpers!

Der Alltag zeigt aber, dass sich die Temperaturen solcher Körper annähern und nach einiger Zeit angleichen: das System befindet sich dann in einem thermischen Gleichgewicht. Diese auf Erfahrung begründete Aussage bezeichnet man als Nullten Hauptsatz der Thermodynamik.

Der scheinbare Widerspruch zwischen Erwartung und Erfahrung lässt sich mit der folgenden Annahme lösen: Absorptionsgrad und Emissionsgrad verhalten sich ganz gleichartig. Der schwarze Körper nimmt durch seinen hohen Absorptionsgrad mehr Strahlung auf, er gibt aber auch mehr Strahlung ab, verglichen mit dem weißen Körper.

 

Haben die Körper zunächst verschiedene Temperaturen, dann gleichen sich die Temperaturen zeitlich immer weiter an. Dies liegt an der temperaturabhängigen Strahlungsemission, während die Absorption nicht (oder sehr viel geringer) von der Temperatur abhängt. Die beiden Körper erreichen schließlich einen isothermen Zustand. Damit dies so ist, soll gelten:

Absorptionsgrad α = Emissionsgrad ε

oder:                                             α/ε=1.

Zoom Sign
Schwarzer und weißer Körper
Zwei Körper im thermischen Gleichgewicht in einem von der Umgebung isolierten Hohlraum. Die Pfeile stellen die Strahlungsleistungen dar. Die Buchstaben e und a in den kurzen Pfeilen stehen für die vom weißen Körper emittierte und absorbierte Strahlung. Mit den Innenwänden des Hohlraums wird ebenfalls Strahlung ausgetauscht, dies ist in der Grafik nicht gezeigt.

Der weiße Körper ist in der Grafik nicht vollständig absorptionsfrei dargestellt; 'ideal schwarz' und 'ideal weiß' gibt es bei realen Körpern nicht.

Ist ein thermisches Gleichgewicht erreicht, sind die absorbierten und emitterten Strahlungsleistungen jeweils gleich (punktierte Linien an den Pfeilen). Daher ändert sich im thermischen Gleichgewicht die Temperatur nicht mehr. Eine ausführlichere Bilanzierung finden Sie in Ergänzung 2.1.

Für den maximalen Emissionsgrad führt dies zu einem wichtigen Ergebnis. Auf der vorherigen Seite wurde im Zusammenhang mit Kirchhoffs Untersuchungen bereits festgestellt, dass die Wärmestrahlung schwarzer Körper den größtmöglichen Wert erreicht. ε=1 ist daher der Emissionsgrad schwarzer Körper. Es folgt die Definitionsgleichung:

ε= emittierte Strahlungsleistung des betrachteten Objekts emittierte Strahlungsleistung eines schwarzen Körpers bei gleicher Temperatur

Der Absorptionsgrad kann in verschiedenen Spektralbereichen unterschiedliche Werte haben. Dies trifft dann in gleicher Weise auch auf den Emissionsgrad zu. Spektral veränderlich absorbierende Objekte bezeichnet man als farbige Körper, im Gegensatz zu den schwarzen, weißen und grauen Körpern, deren Absorptionsgrad spektral nicht variiert. Absorptions- und Emissionsgrade müssen daher auf die gleiche Wellenlänge bezogen werden:

α(λ) /ε (λ)=1

Dies ist das Kirchhoffsche Strahlungsgesetz.

Nun wissen wir genug, um zu verstehen, wie Farben zustandekommen.